Wie BNB mit ecoLocked eine unerreichbar scheinende Schallmauer durchbrach

Bei der BNB Beton und Naturstein Babelsberg GmbH wurde im Mai 2023 eine Schallmauer durchbrochen. Dass es in absehbarer Zeit vollkommen CO2-neutralen Beton geben werde, hatten Baustoffexperten noch vor Monaten fast für unmöglich gehalten. Geschäftsführer Manuel Vöge erläutert Absicht, Technologie und die Kalkulation dahinter.

Das „Wunder von Babelsberg“ ist noch weitgehend unbekannt. Was steckt dahinter?
Die Beton- und Zementproduktion ist verantwortlich für 8 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Baustoffindustrie und Wissenschaft machen deshalb Tempo, das scheibchenweise zum Positiven zu verändern. Genau das war auch unser Ansatz: durch die Kombination verschiedener „Stellschrauben“ wie Reduktion der Bauteildicke und Verwendung von Recyclingbeton die Klimabilanz strategisch zu verbessern. Mit insgesamt fünf Maßnahmen konnten wir in unserem Werk zu Jahrenanfang bereits den CO2-Ausstoß bei der Produktion der Fertigteile um 80 Prozent reduzieren – Weltrekord!

Doch damit nicht genug…
… stimmt. Wir haben uns in der Region umgesehen und das Berliner Startup ecoLocked mit ins Boot geholt. Der Partner, mit dem wir schließlich 100 Prozent Kohlenstoffnegativität erreichen, ersetzt mit Blick auf emissionsfreie Bauwerke übliche Zuschlagstoffe durch Biokohle aus Pflanzenabfällen. Damit werden unsere Produkte zwar zunächst dunkelgrau bis schwarz, sind aber vollkommen klimaneutral und im nächsten Schritt vielleicht sogar klimapositiv. Dieser Beton steht in punkto Festigkeit den herkömmlichen Betonmischung nicht nach. Nun müssen wir uns nur noch etwa einfallen lassen, damit der Kunde bei uns auch vollkommen klimaneutrale Betonteile in der gewünschten Farbpalette erhalten kann.

Hatten Sie als emissionsbewusster Hersteller diesen Quantensprung auf dem Plan?
Klar hat man diese Vision, doch selbst unsere Wissenschaftspartner haben bis heute noch andere Zielhorizonte. Vollkommen klimaneutrale Bauteile sind bei uns sozusagen die Spitze des Eisberges; drastisch CO2-reduzierte und damit besonders nachhaltige Fassadenelemente, Einfassungen und Platten sind als deutschlandweite Neuerung inzwischen in Serie gegangen. Das ist zugleich auch ein Signal an die öffentliche Hand in Berlin und Brandenburg, die große Bauprojekte zunehmend unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ausschreibt.

Zurück zum Ist-Zustand. Durch welche Einzelschritte reduziert BNB den CO2-Ausstoß?
Vor allem durch schlankere Bauteile! Mit Hochleistungsbetonen und Bewehrungssystemen ohne Stahl, also Textilbeton, können wir die Bauteildicke, den CO2-Ausstoß und den Ressorcenverbrauch mit einem Schlag um zwei Drittel vermindern. Ein so ausgelegtes Fassadenelement in einer Berliner U-Bahnstation wiegt dann nicht mehr „Tonnen“, sondern nur noch Kilogramm. Weitere wesentliche Einsparung ergeben sich durch den Einsatz regional recycelter Baustoffe, CO2-reduzierte Bindemittel und durch eine Logistik der kurzen Wege hier in der Hauptstadtregion. Last but not least muss die Carbonatisierung bei unserem Alternativbeton in die Bilanz mit einbezogen werden. Dass spielt zwar beim klassischen Beton genauso eine Rolle, dennoch sollte die Kohlendioxidaufnahme jeglichen Betons beim Vergleich mit anderen Baustoffen wie Holz korrekterweise berücksichtigt werden. Mit diesem Gesamtpaket nähern wir uns schon zu 80 Prozent der Klimaneutralität unseres Baustoffes.

Mit Alternativbeton á la BNB haben Sie schon mindestens fünf Jahre vorher die Green Deal-Vorgaben erreicht. Was versprechen Sie sich davon?
Natürlich mehr Aufträge! Schließlich bin ich Unternehmer und möchte mit Investitionen in Zukunftstechnologien und Innovationen Arbeitsplätze sichern und etwas bewegen. Und da man bei diesem Thema sehr viel Positives bewirken kann, gebe ich an dieser Stelle gern mit unseren Partnern aus der Bau- und Materialforschung Vollgas.

BNB arbeitet für seine Innovationen am laufenden (Förder)Band eng mit der Wissenschaft zusammen, was ist in absehbarer Zeit Neues zu erwarten?
Es bleibt spanndend. Mit diversen Hochschulen bearbeiten wir derzeit rund zehn verschiedene Forschungsprojekte – übrigens alle zum Thema CO2-Reduktion. Leichte Gesteinsbaustoffe aus mineralischen Abbruch, 3D-Druck mit Bewehrung(!) bzw. schlanke und materialeffiziente Fertigteile sind nur einige Neuerungen in unserer Pipelline. Bereits in wenigen Monaten sollen bei BNB recycelbare Wachsschalungen einsatzreif sein. Damit kommt bei uns das Schalungsholz aus der Mode. Die Wachsspäne und später die zuvor benutzte Form werden stattdessen wieder eingeschmolzen und neu verwendet. Total super und ein echt tolles Ergebnis aus der Forschung in Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig und der Firma Odico aus Dänemark.